Die Versorgungsinitiative PSY-CARE
Hintergrund der Studie
Nach aktueller Analysen leben allein in Berlin ca. 113.000 Pflegebedürftige, die überwiegende Mehrheit ist älter als 60 Jahre. Davon werden mehr als 75 Prozent zu Hause gepflegt. Pflegebdürftige Menschen sind nicht nur körperlichen sondern auch psychosozialen Belastungsfaktoren ausgesetzt, die das Risiko von Depressionen erhöhen. Umgekehrt erhöht Depression das Risiko für körperliche Erkrankungen, Suizidalität und verstärkten Hilfebedarf. Der deutliche Zusammenhang zwischen Depression und beeinträchtigter Lebensqualität bei pflegebdürftigen älteren Menschen macht es zu einer wichtigen gesundheitspolitischen Aufgabe, depressive Erkrankungen zu erkennen und angemessen zu behandeln. Haus- und Nervenärzt*innen kommt hier eine wichtige Funktion zu. Allerdings mangelt es in vielen Fällen an ausreichend Zeit für die Betreuung und die notwendigen Koordinations- und Kooperationsaufgaben mit Pflegekräften, Physio- und Ergotherapeut*innen. Gleichzeitig sind Psychotherapeut*innen noch nicht in den Köpfen der Behandelnden sowie der Patient*innen als relevante Akteursgruppe verankert. Ältere Menschen mit Depression werden dementsprechend häufig nur pharmakologische behandelt, obwohl gerade bei gebrechlichen älteren Menschen die Nebenwirkungen von Antidepressiva erheblich sein können.Â
Die Wirksamkeit von Psychotherapie, insbesondere Verhaltenstherapie, bei älteren Menschen mit Depression ist in Meta-Analysen gut belegt. Trotz des steigenden Bedarfs sowie entsprechender Leitlinienempfehlungen durch die Fachgesellschaften, befinden sich allerdings weniger als fünf Prozent der älteren Menschen mit Depression in Deutschland in psychotherapeutischer Behandlung. Und es liegen bisher nur wenig Wirksamkeitsnachweise für die multimorbide, sehr alte und pflegebedürftige Patient*innen vor.Â
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Kurzbeschreibung des Projektes
Ein ausführliches Protokoll der Studie finden Sie hier.
PSY-CARE ist eine international einzigartige, pragmatische, randomisiert-kontrollierte Studie, die durch den Gemeinsamen Bundessausschuss gefördert wird. Umgesetzt wird das Projekt in Berlin und angrenzenden Regionen Brandenburgs, unter der Leitung von Professorin Eva-Marie Kessler, durch die MSB Medical School Berlin sowie dem Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften der Charité.Â
Innerhalb eines Jahres wurden 197 pflegebedürftige Menschen über 60 Jahre mit Depression, die in der eigenen Häuslichkeit leben, in die Studie aufgenommen und erhielten Zugang zu ambulanter Kurzzeit-Verhaltenstherapie (Interventionsgruppe) oder telefonischer Beratung und Selbsthilfematerial zum Thema Depression bei Pflegebedarf (aktive Kontrollgruppe). Um die Wirksamkeit der Angebote für diese Zielgruppe zu untersuchen. Um die Interventionsgruppe im Rahmen der Regelversorgung zu behandeln, wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V. ein Netzwerk aus 39 gerontologisch qualifizierten Psychotherapeut*innen aufgebaut, wobei der Großteil der vermittelten Psychotherapien als Hausbesuche erfolgen. Im Rahmen der manual-basierten Verhaltenstherapien kommen insbesondere Elemente des Lebensrückblicks sowie des Ressourcenaufbaus und -erhalts zum Einsatz. Ein zentrales Therapieziel besteht darin, die Patient*innen darin zu unterstützen, ihr Leben wieder selbstbestimmter und mit größerer Selbstakzeptanz zu gestalten. Zusätzlich zur quantitativen Auswertung, ob das Therapieangebot dem Beratungsangebot in Hinblick auf die Depressionsverläufe überlegen ist, werden auch die therapeutischen Erfahrungen hinsichtlich praktischer Implikationen für die klinische Arbeit systematisch ausgewertet. Die Ergebnisse sollen genutzt werden, um die bisherigen Versorgungswege auf den Prüfstein zu stellen.
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Hilfestellungen für Behandler*innen und Betroffene
PSY-CARE Onlineschulung
für Behandler*innen
PSY-CARE Ratgeber Depression für Menschen mit Pflegebedarf und Ihre Angehörigen
Lernen Sie mehr zur Depressionserkennung bei Ihren älteren Patient*innen mit Pflegebedarf.